Unmusikalisch - Gibt es das?

Unmusikalisch?

Wenn man Musikalität als die Eigenschaft bezeichnet, die den Grad an Sensibilität für Musik und die Fähigkeit bezeichnet, Musik zu erleben und sich musikalisch zu äußern, kann man nach heutigem Wissen sagen, daß jeder Mensch über ein bestimmtes Maß an Musikalität verfügt. Bei dieser Musikalität, die man vielleicht zutreffender als musikalisches Potential bezeichnen sollte, handelt es sich somit um ein Potential, das entwickelt und gefördert werden muss.


Wenn wir von uns sagen, daß wir unmusikalisch seien, verweisen wir damit eigentlich nur auf ungenutzte Potentiale, die in früher Kindheit vernachlässigt wurden. Und weil Musikalität anders als Intelligenz als eine ganz besonders herausragende Gabe ohne besonderen gesellschaftlichen Nutzen gilt, können wir es uns "leisten", für unmusikalisch zu gelten, nicht aber für unintelligent! Aber unmusikalisch sind wir deshalb trotzdem nicht!

Die Fähigkeit zu reden und zu singen ist ja evolutionsbiologisch auf die gleichen Voraussetzung zurückzuführen, die den Menschen von den allermeisten anderen Lebewesen unterscheidet. Nein, es gibt keine unmusikalischen Menschen. Es gibt gehörlose Menschen, aber keine Unmusikalischen! Schließlich ist unser Leben schon im Mutterleib von Rhythmen (der Puls des Herzens, der Rhythmus des Atmens, des Gehens) bestimmt. Schon beim Säugling kann man beobachten, wie er sich bei Liedern und Melodien beruhigt und entspannt, wie er aufmerksam zu demjenigen hinschaut, der zu ihm singt. Kinder mögen auch das rhythmische Pulsieren und die klangliche Modulation der Stimme und ahmen sehr schnell nach.

Das Potential zur Infomationsaufnahme und -verarbeitung, sagen wir kurz: zum Lernen ist selten größer als nach der Geburt und in den ersten Lebensjahren. Und das gilt natürlich auch für die Verarbeitung musikalischer Anregungen, sofern ein Kind die Gelegenheit erhält, in einer musikalisch anregenden Umgebung aufzuwachsen, Klänge und Rhythmen zu hören und verschiedene Laute selber mit der eigenen Stimme zu erproben. Daher reagieren alle Kinder auf Musik, sind äußerst sensibel in ihrer Wahrnehmung, können unbewusst schon zwischen ihnen vertrauten und fremden Klängen unterscheiden und registrieren jeden Wechsel in einer musikalischen Gestalt. Man kann also sagen, daß alle Kinder (ein Erwachsener war ja auch einmal ein Kind!) mehr musikalisch sind, wenn sie die nötigen Anregungen erhalten; sie sind weniger musikalisch, wenn sie diese nicht erhalten - jedoch sind sie nicht unmusikalisch!!


Umgekehrt gilt also, daß "weniger musikalisch" zu sein erlernt ist. Damit wird auf die Tatsache verwiesen, daß fehlende Entwicklungs-möglichkeiten gesellschaftlich und interfamiliär verursacht sind. Was bleibt dann zu tun? Lernen! Die noch nicht geförderten Potentiale entwickeln! Man hört doch häufig die Einwände, man sei zu alt oder man sei einfach unmusikalisch und man könne es einfach nicht.

Nein, nur das Potential, das seit der Kindheit schlummert, muß gefördert und so gut es nur geht zur Entfaltung gebracht werden.

Daß es nie zu spät ist, ist ein geflügeltes Wort, und jeder weiß es insgeheim!  Daß alle -gerade die sich selbst als nicht musikalisch bezeichnenden (meist die erwachsenen) - Schülerinenn und Schüler sich im Unterricht dann nie als absolut nicht-musikalisch erweisen, wird viele verblüffen.


"Alle Menschen -vor allen Dingen Kinder und Jugendliche, aber auch alte Menschen - brauchen Musik, weil Musik ein nützlicher Gehirn-Trainer ist!"

Musik macht nicht superklug, oder dumm, aber Musik fordert das Gehirn in selten komplexer Weise (!) heraus, weil beim Musizieren das Hören und Sehen, Fühlen und Tasten, Bewegung und Koordination, Imagination und Kreativität zusammen in besonders intensiver Weise miteinander verbunden werden!

INSOFERN IST ES DAS BESTE, was wir dem Menschen bieten können:

"Mit ihm zu singen, zu musizieren und zu tanzen!"

(Nach Ausführungen von Prof.Dr.Wilfried Gruhn-emeritierter Hochschullehrer für Musikpädagogik)

Unmusikalisch sein - Gibt es das?

Nein!